Jahresbrief der Nuclear Free Future Foundation 2024
Weil Russland im Krieg die Oberhand zu gewinnen scheint, erlaubten US-Präsident Biden und Englands Premier Keir Starmer der Ukraine, Militärstützpunkte im russischen Hinterland mit ATACMS- bzw. Storm Shadows-Mittelstreckenraketen anzugreifen. Russland hat daraufhin seine Atomdoktrin so geändert, dass Atomwaffen bereits bei einer ernsten Bedrohung der „Souveränität“ und „territorialen Integrität“ eingesetzt werden können. Und Präsident Putin verlautete, dass der Krieg damit einen „globalen Charakter“ angenommen habe und drohte erneut mit dem Einsatz von Atomwaffen. Der Iran hat laut Angaben der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) Uran auf 60 Prozent angereichert. Zum Bau von Atombomben ist eine Anreicherung auf 80 bis 90 Prozent notwendig, AKW benötigen lediglich auf 3 bis 5 Prozent angereichertes Uran. IAEA-Chef Rafael Grossi offenbarte, dass der Iran über genügend Material für die Herstellung von vier Atombomben verfüge.
Gleichzeitig wurde in den USA Donald Trump ins Weiße Haus gewählt. Und noch vor Amtsantritt verkündete er, dass die USA erneut aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen würden. Unabhängig davon werden die CO2-Emissionen in diesem Jahr voraussichtlich auf ein neues Rekordhoch von 37,4 Millionen Tonnen steigen und der Peak der maximalen Jahresemissionen ist angesichts der Trump-Ankündigung noch nicht erreicht. Mit anderen Worten: die Klimakrise wird sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Und als wären das nicht genug schlechte Nachrichten, legte die US-Regierung Pläne vor, denen zufolge die Atomkraftkapazitäten bis zum Jahr 2050 verdreifacht werden sollen, um den enormen Energiebedarf decken zu können, den vor allem die Künstliche Intelligenz erfordere. Ob dies jemals Wirklichkeit wird, ist angesichts der immensen Kosten von Atomkraft eine andere Frage. In jedem Fall würden sich damit die enormen Risiken und die Endlagerprobleme verdreifachen.
In Deutschland wiederum ist die Ampel-Regierung Geschichte und sowohl Friedrich Merz, der wahrscheinlich nächste Bundeskanzler in Deutschland, als auch Ministerpräsident Markus Söder sprechen vom Wiedereinstieg Deutschlands in die Atomkraft.
Nachhaltige Politik, ein ambitionierter Klimaschutz, der Einsatz für Erneuerbare Energien und die Abkehr von Atomkraft sind derzeit sowohl national wie international in der Defensive. Was die wenig ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen der vergangenen Jahre bedeuten, konnten wir dieses Jahr leider im Monatsrhythmus erleben: Jahrhundertüber-schwemmungen in den Cevennen (Frankreich), Niederschlesien (Polen), Niederösterreich, Ost-Tschechien und in der Provinz Valencia (Spanien). Nicht zu vergessen Hurrikan Helene, der auf seinem zerstörerischen Weg über den Südosten der USA über 100 Menschen das Leben kostete und Schäden zwischen 95 und 110 Milliarden US-Dollar verursacht haben soll. Leider werden die klimabedingen extremen Hitzewellen, Stürme und Überschwemmungen angesichts der Untätigkeit der Weltgemeinschaft weiter massiv zunehmen.
Wir haben bereits vergangenes Jahr in unserem Jahresbrief geschrieben und wiederholen dies auch in unseren Uran-Atlanten immer wieder: Atomkraft ist kein Klimaretter. Und Atomkraft wird nicht dadurch zum Klimaretter, indem immer mehr Politiker diese Behauptung wieder-holen. Atomkraft ist viel zu teuer und der Bau neuer Atomkraftwerke dauert viel zu lange, als dass mit dieser Technologie die Klimakrise bewältigt werden könnte. Stattdessen sollte man mit dem Geld Erneuerbare Energien stärken (Sonne, Wind, Geothermie, Netze, Speicher usw.). Auf Basis regenerativer Technologien könnte Deutschland den gesamten Energiebedarf für Strom, Wärme und Verkehr decken. Atomkraft verhindert die Lösung der Klimakrise!
Politisch finden solche Stimmen derzeit kaum Gehör. Und weil die politische Stimmung so ist, wie sie ist, hat es auch unsere Stiftung schwer, Förderungen für ihre Projekte zu erhalten. Unser Ziel, die weggestützte App NEXT Generation zu entwickeln, mit der wir spielerisch Inhalte des Uranatlas vermitteln und vor allem junge Nutzer an die Thematik heranführen wollen, liegt derzeit auf Eis, weil wir keine weitere Förderung erhalten haben.
Etwas besser sieht es mit dem Uranatlas aus: wir wollen Ende kommenden Jahres die dritte überarbeitete und erweiterte deutsche Ausgabe herausbringen: ein neues Kapitel soll zeigen, in welche unsinniger Weise die Türkei ins Atomzeitalter einsteigt. In einem zweiten neuen Kapitel wollen wir auf den russischen Staatskonzern Rosatom eingehen, der als geopolitischer Arm Putins agiert und wie kein zweites Unternehmen den Bau neuer Atomkraftwerke forciert; von den 26 Atommeilern, die derzeit außerhalb Chinas und Russlands gebaut werden, gehen 17 auf das Konto von Rosatom (Stand Anfang November 2024). Erste Förderzusagen haben wir erhalten, und wir sind zuversichtlich, die insgesamt erforderlichen Mittel zur Verwirklichung des Projekts zu bekommen.
Die russische Ausgabe des Uranatlas, die wir für das Jahr 2024 geplant hatten, konnten wir allerdings bislang nicht verwirklichen, auch weil wir erkannt haben, dass wir mögliche Partner, damit in Gefahr bringen würden. Die Geschichte über Rosatom werden wir aber separat veröffentlichen und auch in Russisch zur Verfügung stellen.
Unabhängig von unseren Projekten haben wir im Oktober in einem Offenen Brief gemeinsam mit 29 weiteren Organisationen Außenministerin Minister Anna-Lena Baerbock, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke dazu aufgefordert, das Uralt-Atomabkommen mit Brasilien zu kündigen. Wie wir inzwischen aus dem Umfeld der Bundesregierung erfahren haben, wurde dieses Anliegen von der SPD „abgebügelt“.
Sie sehen, wir sind mit unseren Möglichkeiten an verschiedenen Stellen aktiv. Die Fortführung unserer Arbeit ist ohne Förderungen, Zuwendungen und auch Ihre Spenden nicht möglich. Von daher bitten wir Sie um eine großzügige Spende.
Mit sehr herzlichen Grüßen, den besten Wünschen für das bevorstehende Weihnachtsfest und einem guten Start ins neue Jahr.
Franz Moll
Frauke Liesenborghs
Dr. Horst Hamm