Brennelementefabrik Lingen vor dem Aus?
Zunächst in Lingen (10. Oktober) und danach in Münster (11. Oktober) hat NFFF-Vorstand Horst Hamm sein Buch „Das unheimliche Element“ vorgestellt. Eingeladen hatten u.a. das Bündnis AgiEL, die Atomkraftgegner*innen im Emsland, und die Initiative SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster, die sich beide für die Stilllegung der Urananreicherungsanlage Urenco in Gronau und der Brennelementefabrik in Lingen engagieren. Dementsprechend standen an den beiden Abenden nicht nur die gesundheitlichen Folgen des Uranbergbaus im Allgemeinen und die Inhalte des Buches im Besonderen zur Debatte, sondern auch die beiden Atomanlagen vor Ort, die vom Atomausstieg bislang ausgenommen sind. Während die Urananreicherungsanlage derzeit scheinbar problemlos ihren Betrieb weiterführen kann, steht die Brennelementefabrik massiv in der Kritik. Der französische Betreiber Framatome, eine Tochter der französischen EdF, versucht durch ein Joint Venture dem russischen Staatskonzern Rosatom die Türen zu öffnen und dadurch noch stärker auf den europäischen Atommarkt Einfluss nehmen zu können. In der Brennelementefabrik plant der französische Staatskonzern Brennelemente für Reaktoren russischer Bauart in Osteuropa herzustellen, die bislang noch direkt von Rosatom beliefert werden. Um dies zu verwirklichen, hat Rosatom bereits für ein gemeinsames Unternehmen mit dem Namen "European Hexagon Fuels SAS" und Sitz in Frankreich die Lizenz erteilt. Deshalb das geplante Joint Venture. Angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine ist diese Form der Zusammenarbeit aber nicht nachvollziehbar.
„Wir fordern den sofortigen Abbruch des Genehmigungsverfahrens zum Ausbau der Brennelementefabrik in Lingen und das Ende der atomaren Zusammenarbeit mit Russland,“ fordert dementsprechend Alexander Vent vom Bündnis AgiEL. Matthias Eickhoff von der Initiative SOFA Münster sieht in der aktuellen Diskussion um die Politik von Framatome auch eine Chance: „Framatome steht massiv unter Druck. Zum einen ist die Brennelementefabrik derzeit nur zu etwa 30 bis 40 Prozent ausgelastet, weil in den vergangenen Jahren mehrere deutsche AKW abgeschaltet wurden, die alle nicht mehr von der Fabrik in Lingen beliefert werden können. Zum anderen werden nach einer Klage des BUND aufgrund der nahenden Stilllegung die Meiler 1 und 2 des belgischen Atomkraftwerks Doel nicht mehr mit Brennelementen aus Lingen beliefert.“ Es könne gut sein, dass Framatome ohne den Einstieg von Rosatom die Brennelementefabrik in Lingen von sich aus schließt und die restliche und weiter schrumpfende Produktion nach Frankreich verlegt. Dem deutschen Umweltministerium unter Ministerin Steffi Lemke käme das womöglich sehr gelegen: „Es ist aus Sicht des BMUV im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des deutschen Atomausstiegs generell erforderlich, die Kernbrennstoffproduktion zu beenden“, schrieb das Ministerium schon vor Monaten an das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.